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Erweiterung Kunsthaus Zürich

Geschätzte Jurymitglieder

Der Vorstand der Ortsgruppe Zürich des Bundes Schweizer Architekten begrüsst die Durchführung eines Architekturwettbewerbs für die Erweiterung des Kunsthauses am Heimplatz. Wir anerkennen, dass die Anzahl der ausgewählten Teilnehmer gegenüber dem bei Studienaufträgen üblichen Mass auf zwanzig erhöht worden ist. Im übrigen attestieren wir der erfolgten Ausschreibung die gesetzliche Konformität. Zur Wahl des Verfahrens stellen sich dennoch grundsätzliche Fragen.

Die Stadt Zürich hat sich in den letzten Jahren bei der Durchführung und Förderung von Architekturwettbewerben einen guten Ruf erworben. In Zürich wird heute auch bei alltäglichen Aufgaben die bauliche Lösung ganz selbstverständlich mit Wettbewerben oder Studienaufträgen gesucht – nicht nur von institutionellen, sondern zunehmend auch von privaten Bauträgern. Umso erstaunlicher ist es, wenn bei Bauaufgaben von überragendem öffentlichem Interesse die Teilnehmerschaft zunehmend auf ein exklusives Feld reduziert wird.

Was ist die Motivation der Bauträgerschaft für eine so weit gehende Selektion der Teilnehmer?
Dieaufgabenspezifische Komplexität ist bei einem Museumsbau als Ausschlussgrund nicht stichhaltig. Es gibt hervorragende Museumsbauten, die eigentliche Erstlingswerke sind. Umgekehrt sind gerade in den letzten Jahrzehnten von renommierten Architekten entworfene Museumsbauten entstanden, die eher dem Jahrmarkt der Eitelkeiten als der Präsentation von Kunst gewidmet scheinen. Bei komplexen städtebaulichen Aufgaben ist zudem bei beschränkter Teilnehmerzahl die Gefahr gross, dass keine einzige befriedigende Lösung gefunden wird.

Eine weitere Tendenz fällt in diesem Zusammenhang auf: Wichtige Fragen zu Perimeter und Städtebau werden bereits im Vorfeld "im kleinen Kreis" entschieden, statt dass sie als Teil der Wettbewerbsaufgabe formuliert werden. Oftmals werden folglich die Rahmenbedingungen wegen scheinbarer oder tatsächlicher Sachzwänge derart eng gesteckt, dass gar keine überzeugende Lösung mehr möglich ist. Im Extremfall müssen die Verfahren unter anderen Umständen wiederholt werden, was viel Zeit und Geld kostet. Auch die Ermessensfrage nach Erhalt oder Ersatz bestehender Bauwerke wird häufig vorentschieden. Den teilnehmenden Architekten wird so zwar ein Problem abgenommen, faktisch aber auch die Kompetenz abgesprochen, in diesen Fragestellungen aufgrund transparenter Grundlagen selbst ein Urteil zu fällen. Mit zum Überraschendsten bei Architektenwettbewerben gehört doch, dass gerade bei kniffligen Problemstellungen gänzlich unvorhersehbare Lösungsansätze auftauchen können.

Ist auch im hiesigen Wettbewerbswesen eine zunehmende Mediatisierung und Personalisierung zu

beobachten? Das wäre bedauerlich, ginge das doch letztlich zulasten der architektonischen Qualität

und Nachhaltigkeit. "Stararchitekt" ist zuallererst ein mediales Unwort. Mit "Bilbao-Effekt" wird heute unter Soziologen nicht der Effekt beschrieben, wie eine unbekannte Stadt durch einen vielbeachteten Neubau ins Interesse der Weltöffentlichkeit rückt, sondern das Strohfeuer einer übertriebenen Mediatisierung, liess doch das Interesse der Öffentlichkeit an dem gehypten Bau nach kurzer Zeit nach. Wichtiger als die kurzfristige Medienwirksamkeit der klingenden Namen ist sicher auch für die Bauträger der langfristige Nutzen der vollendeten Bauwerke.

Bei offenen Wettbewerben kann es vorkommen, dass ein zuvor beinahe unbekannter Architekt eine

Ikone der Weltarchitektur schafft, wie das vor fünfzig Jahren einem jungen Dänen mit dem Opernhaus in Sydney gelungen ist. Mit brillanten Entwürfen gehen aber auch verdiente Meister ihres Fachs nicht unter, wie der Wettbewerb für das Diözesanmuseums in Köln mit seinem riesigen Teilnehmerfeld beweist. Architekten, die sich als engagierte Bürger jahrzehntelang für die Belange ihrer Stadt eingesetzt haben, sehen sich bei einer zu rigorosen Einschränkung des Teilnehmerfeldes von der Mitwirkung an einem zentralen kollektiven Gestaltungsprozess ausgeschlossen – kollegialer Wettstreit, Wettbewerb der Ideen bedeutet nämlich auch dies. Das offene Verfahren schafft eine optimale Kommunikationsplattform, die sämtliche möglichen Ressourcen ausschöpft. Damit wird in der Öffentlichkeit das Vertrauen geschaffen, dass wirklich die beste Lösung ermittelt wird, und die öffentliche Diskussion wird breiter. Die politische Akzeptanz der Ergebnisse wird dadurch nicht garantiert, aber wesentlich erhöht. Dass bei Aufgaben von ausserordentlicher öffentlicher Ausstrahlung das Teilnehmerfeld auf einen exklusiven Zirkel eingeschränkt wird, liegt, so kann gefolgert werden, nicht im öffentlichen Interesse, und dem Veranstalter entgeht die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Lösungen die wirklich innovativste zu suchen.

Je öffentlicher eine Aufgabe, desto offener das Verfahren: Wir glauben, öffentliche Bauträger wären gut beraten, sich in Zukunft von diesem Grundsatz leiten zu lassen. Öffentlichkeit kann dabei nicht auf juristische und finanzielle Aspekte reduziert werden, sondern muss kulturell und ganzheitlich gesehen werden. Natürlich sind uns die Nachteile und Risiken dieser Verfahren bekannt. Wichtig bleibt deshalb einegeschickte Differenzierung nach Aufgabentyp und Verfahrensart.

Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme unserer Überlegungen. Wir möchten alle Beteiligten auffordern, dahin zu wirken, dass die Verfahren gerade bei Bauten von zentraler Bedeutung offener gestaltet werden können. Gerne bieten wir uns als Gesprächspartner an, wenn es zukünftig darum geht, die Diskussion über die zu wählenden Verfahren oder die städtebaulichen Rahmenbedingungen im Vorfeld der Ausschreibungen öffentlicher führen zu können, immer im Sinne einer optimalen Kommunikation zwischen allen Beteiligten.

Für den Vorstand des BSA Ortsgruppe Zürich