In der grössten Stadt herrscht eine Bau-Blockade, NZZ
Alles spricht von baulicher Verdichtung. Nach einem Rekurs des Zürcher Heimatschutzes liegt das Thema in der Stadt Zürich nun auf Eis. Schützenhilfe gewährte dem Verband das Bundesamt für Kultur.
Irène Troxler, NZZ, 25. Nov. 2017
Bauliche Verdichtung wäre in Zürich eigentlich erwünscht. Doch nun ist sie gebremst. Eigentlich ist es sonnenklar, wo das Bevölkerungswachstum der Schweiz aufgefangen werden soll: in den urbanen Zentren. Niemand will eine weitere Verbauung der Landschaft, und auch im eidgenössischen Raumplanungsgesetz ist vorgegeben, dass die mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossenen Orte wachsen sollen. In der grössten Stadt der Schweiz herrscht allerdings seit 2013 eine planerische Blockade, die nun auf nicht absehbare Zeit bestehen bleiben dürfte. Damals hatte der Stadtrat zunächst eine Revision der Bau- und Zonenordnung (BZO) präsentiert, die das Bauen erschwert hätte. Auf breiten Protest hin lockerte er die Vorlage wieder, so dass nun eigentlich zusätzliche Wohnungen entstehen könnten.
«Nicht umsetzbar», lautet der treffende Kommentar des Regierungsrats zum Isos.
Doch bevor die BZO in Kraft treten kann, schiesst der Zürcher Heimatschutz quer. Obschon die Stadt Zürich eine Musterschülerin ist, wenn es um das Thema Denkmalschutz geht, verlangt der Verband eine gerichtliche Überprüfung der gesamten BZO. Damit stellt er eine sinnvolle bauliche Verdichtung infrage, ohne sich die Mühe zu machen, tatsächlich aufzuzeigen, ob schützenswerte Bausubstanz in Gefahr wäre. Zu befürchten ist, dass der streitbare Verband seinen pauschalen Rekurs durch alle Instanzen weiterziehen wird. Hunderte von Bauprojekten müssten bis auf weiteres vorläufig wieder in den Schubladen versorgt werden.
Allerdings konnte der Heimatschutz die Zürcher BZO nur dank Schützenhilfe des Bundes so erfolgreich torpedieren. Mit dem Inventar schützenswerter Ortsbilder (Isos) hat das Bundesamt für Kultur ihn hervorragend munitioniert. Dieses 1983 in Angriff genommene flächendeckende Inventar hält fest, dass drei Viertel der Stadt Zürich auf die eine oder andere Art erhalten werden sollen, was völlig weltfremd anmutet. Was die Schutzeinstufungen im Detail bedeuten, lässt das Inventar offen. Ironischerweise flatterte das Isos den Zürcher Stadtparlamentariern genau dann auf den Tisch, als sie sich nach langem Seilziehen auf eine pragmatische BZO-Revision geeinigt hatten – und dies ohne irgendeine Vorankündigung.
Die bauliche Verdichtung zu stoppen, dürfte kaum das Ziel gewesen sein. Aber es ist das Resultat.
Sie verzichteten verständlicherweise darauf, ihre Arbeit neu zu beginnen, und begnügten sich damit, die Abweichungen der BZO vom Isos zu begründen: Die bauliche Verdichtung sei ein übergeordnetes Ziel, argumentierten sie. Ausserdem habe man die Schutzgebiete (Kern- und Quartiererhaltungszonen) mit der BZO-Revision ausgeweitet. «Nicht umsetzbar», lautete denn auch der treffende Kommentar des Zürcher Regierungsrats zum Isos.