Benutzer: Gast

Neue Bücher aus dem Quart-Verlag

Vor Kurzem lag das Gesamtverzeichnis des Luzerner Quart-Verlages im Briefkasten. Beim studieren der Broschüre stellt man schnell einmal fest, dass die Arbeit des Verlages rund um Heinz Wirz im "Dienst einer Wissenschaft der Architektur und Kunst" in den letzten drei Jahren zahlreiche publizistische Früchte getragen hat. Und auch allseitiger Lob über die Resultate der Arbeit durch Kritiker und Leser ist nicht ausgeblieben.

Was vor zwei Jahren, mit einem dünnen Buch zu den beiden Architekten Valentin Bearth und Andrea Deplazes begann, hat sich in der Zwischenzeit zu einem zu einer beachtlichen Backlist erweitert. Das Verlagsprogramm umfasst fünf thematisch und in ihrer Erscheinung geschlossene Reihen: De aedibus: Zeitgenössische Architekten; Arcadia: Landschaftsarchitektur; Panta rhei: Essays von Architekten zu Architeur und Stadt; Bibliotheca: Schriften zu Architektur und Kunst; Notatio: Kurze Texte zu Architektur und Kunst. Die letzten drei Reihen bilden den Paradesturm des Verlages, der sich eine ausgewogene und fundierte Diskussion um die Sache der Architektur auf die Fahnen geschrieben hat. Ein Anspruch, den man, zumindest im deutschprachigen Raum, in dieser Art selten erfüllt findet.

Quart bietet in verschiedenen Bereichen der Architektur Autoren - praktizierenden Architekten, wie auch forschenden Fachleuten - die Möglichkeit, sich zu aktuellen Themen dar Architektur (Aktualität als Bestandteil des Konzeptes) zu äussern. Als vergleichbare Konzepte in jüngerer Zeit könnten dafür die Pamphlet Architecture Reihe von Steven Holl, sowie mit bedeutend weniger verlegerischem Impetus und ohne inhaltliche Koherenz die Bauwelt Fundamente herangezogen werden.

Vergleichbares für die beiden anderen Reihen, De aedibus und Arcadia finden sich schon eher. Wobei, es muss gesagt sein, dass die Bücher zur zeitgenössischen Architektur mit bestechender Sorgfalt und Hang zum bibliophilen, ausnahmslos fadengehefteten Kleinod hergestellt werden. Die Bücher zur Landschaftsarchitektur (bis jetzt erschienen: Wasser, Schichten, Horizonte - Agence Ter; in Vorbereitung Bücher zu Christoph Girot und Zulauf Seippel Schweingruber) besitzen wohl den selben Anspruch und die selbe Bindung, das erste erschienene Buch aus der Reihe kämpft aber mit den Problem, dass sich dieses Thema - gerade wenn es sich zum zeitgenössische Projekte handelt - nur sehr schwer in Buchform darstellen lässt.
Einen möglichen Weg zur Auseinandersetzung mit Landschaftsarchitektur hat Marc Schwarz mit seinem atmosphärisch dichten Filmbeitrag auf DVD zu Dieter Kienasts Buch Lob der Sinnlichkeit gezeigt.

Mit der Reihe Panta Rhei, auf die hier besonderes Augenmerk gerichtet werden soll, versucht Quart eine "theoretische Reihe mit Essays von Architekten zwischen Architekturtheorie, zeitgenössischer Stadt und gebauter Architektur" zu etablieren.
Gestartet ist die Reihe mit einer Auswahl von überarbeiteten Texten, die Nicola di Battista in den Jahren 1990 bis 1996 in seiner Zeit als Chefredaktor der italienischen Architektur und Designzeitschrift Domus in der Rubrik Questioni i Materiali veröffentlich hatte. Nicola di Battista fungiert zusammen mit Heinz Wirz als Mitherausgeber dieser Reihe.

Nicola Di Battista hat in den letzten Jahren in der Schweiz einige Spuren hinterlassen: So war er in den Jahren 1997 bis 1999 als Gastdozent an der ETH Zürich tätig, wo er den Studierender als engagierter Lehrer, der sich nie scheute auch ganz grundsätzliche Fragen zur Architektur immer wieder zu stellen, wurde während dieser Zeit vom Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH gta eingeladen einige seiner Projekte in der Ausstellung zu präsentieren, daraus ging auch ein Katalog mit einer kurzen Einleitung von Hans Kollhoff hervor (Nicola Di Battista, Zürich 1999). Und nun eben das Engagement beim Quart Verlag.

Die Texte im Domus waren zum Teil illustriert, in der neuen Veröffentlichung erscheinen sie nun ganz ohne Bebilderung. Dies schadet den Texten in keiner Weise. Was hingegen im Vergleich zum italienischen Original auffällt ist die doch etwas zähflüssige Sprache der Uebersetzung. Nicola Di Battista spricht ein gepflegtes Italienisch, und dazu ein herzliches Französisch, doch der deutschen Fassung seiner Essays "Zu einer Architektur von Heute" geht einiges an Charme ab: Selbst der Titel, im Original "Verso una architettura d'oggi" wirkt eher nüchtern.

Nicola Di Battista beschäftigt sich mit Problemstellungen die weit über die rein architektonische Aufgabenstellung hinaus zu gesellschaftlichen Phenomenen reichen. Aus den poentierten, manchmal enttäuschten, oft aber auch von aufflackernder Zuversicht getragenen Essays, folgt eine präzise, mehrfach auch schonungslose Analyse zum Metiers und Berufsstandes des Architekten. Nicht ohne Rückblick auf die alten Werte, immer aber unter Anerkennung der geänderten gesellschaftlichen Umstände.

Neben dem blossen Aufzeigen der Miseren in unserer kulturellen Welt, dem Hinweisen auf Dilemmas und Paradoxons in unser aller Leben bietet Nicola Di Battista auch Perspektiven und Strategien für eine Besserung an. In seinem abschliessenden Essay , "Was tun?", schreibt er: "Wir haben mehrfach die aktuelle Situation als Krisensituation analysiert und definiert (...) Wir haben von der Umöglichkeit gesprochen, zu diesem Zeitpunkt eine vollständige neue Theorie zu erstellen, aber haben auch versucht, eine Grundlage mit einigen Prinzipien zu definieren, auf denen Untersuchungen aufbauen könnten sowohl innerhalb als auch ausserhalb unserer Disziplin. Wir sind tatsächlich davon überzeugt, das wir, wenn wir auf diesem Weg fortschreiten, zu einem ebenso fruchtbringenden wie unverzichtbaren Ende gelangen werden." Gerne möchte man diesen Optimismus teilen, angesichts der Lage der zeitgenössischen Architektur - und das gerade mit Blick in Nicola Di Battistas Heimat Italien - scheint es auch allerhöchste Zeit.

Nicola Di Battista

Perspektiven zu einer Architektur von heute
(it. Verso una architettura d'oggi)
ISBN 3-907631-07-2 (dt.)
112 Seiten, 14.5 x 22.5 cm Fadengeheftete Broschur
CHF 34.-/EUR 19.50 + Versandkosten 3 Ausgaben: Deutsch, Englisch, Italienisch

Books@quart.ch www.quart.ch